Mit einem satten, fetten Sound hob das Ufo der Chicken Motel Band im Mauerwerk ab. Durch psychedelische Farbtunnel und an schlingernden Kaleidoskop-Landschaften vorbei schwebte das Mutterschiff auf den Vibes des Summer of Love geradewegs durch die Rock-Stratosphäre.
Nadine Dürr
Tief im Innern des Kaninchenbaus, da versteckt sich das Wunderland der Chicken Motel Band. Wo die absonderlich-schönen Nachtschattengewächse des Psychedelic-Rock blühen, wo vibrierende Hammond-Orgeln Bilder von Sonnengeburten, Sternennebeln und Galaxien-Hochzeiten in die Luft malen, genau dort finden die glorreichen Sieben ihre galaktische Spielwiese. Mal im Überschallflug, mal in Zeitlupe beamen sie sich durch die surrealen Refugien - bis Raum und Zeit endgültig ihre Bedeutung verlieren.
Als Kapitän an Bord sorgt Steffen Rechner dabei stets für die rechte Prise gute Laune, Narrenfreiheit mit eingeschlossen: Walgesänge zu imitieren oder mit Co-Sängerin Ursel Vokoun hin und wieder einen Wettbewerb im stellaren Falsettgesang zu zelebrieren lässt sich der charismatische Leadsänger nicht nehmen. Uwe Gaugel (Gitarre) und Tastenmann Martin Bolay tapezieren unterdessen die Wände der Raumkapsel mit ihren prallen, vielschichtigen Soundteppichen, während Bassist Klaus Müller, Schlagzeuger Andy Kudler und Gerd Grauer (Congas) das Tempo vorgeben: Volle Fahrt voraus! Bei so viel kosmischer Strahlung schüttelte im Mauerwerk nicht nur der Alt-Hippie das eine oder andere Bein, auch die jüngeren Generationen ließen sich elektrisieren. Da rappelte es in der fliegenden Untertasse.
Keine zwei Titel benötigte das Septett, um das Publikum für den gemeinsamen Trip abzuholen. Ob Jefferson Airplanes Woodstock-Hymne "Somebody to love", Chi Coltranes energiegeladener Brecher "Thunder and Lightning" oder der ewig gute Steve-Miller-Band-Klassiker "The Joker" - mit Warp-Antrieb trug der handgemachte Sound Band und Zuhörer hinaus in die Weiten des Chicken-Motel-Universums.
Unweit des Kometen "Tito und Tarantula" ließ man sich vom lasziven Hüftschwung einer Schlangentänzerin in ein vampirisches Wurmloch locken, studierte in Rechners düsterem Jim-Morrisson-Timbre die Gesetze der dunklen Materie und fiel schließlich durch ein schwarzes Loch zu Jona in den Bauch des Wals. Ganz nebenbei bewies die Crew um Steffen Rechner aber vor allem eines: Dass sich im Schatten der Sonne die fantastischsten extraterrestrischen Partys feiern lassen. Für die blubbernde Lavalampen-Kulisse sorgte Herbert Blessing, Uwe Gaugel buchstabierte in seinen schnurrenden Gitarrenriffs das Abc des gepflegten Exzesses auf und ab, und Martin Bolay zapfte dazu aus seinem Tasteninstrument den schillerndsten Sternschnuppenregen. So oder so ähnlich muss er sich angefühlt haben, der kalifornische Wind der Freiheit, der mit der Gegenkultur der 1960er Jahre aufzog.
Das politische Bewusstsein lebt
"From Woodstock til now" lautet folglich auch das Motto der Coverband. Und nicht nur die Musik rettete das Septett in die Gegenwart. Die Indienbegeisterung der Blumenkinder spickte durch den lila Schal, der sich um den Hals von Gitarrist Uwe Gaugel legte. Auch die Protestkultur und das politische Bewusstsein sind in der Band noch quicklebendig. Das Bandlogo zierte am Samstag Jean Julliens "Peace for Paris"-Symbol und zur U2-Hymne "Pray" blickte Martin Luther Kings Konterfei von der Leinwand.
Hypnotisiert und euphorisiert von der flutwellenartig hereinbrechenden Energie der Band erhielt das eigentliche Abschiedslied "Get ready" kurzerhand die Ergänzung "...for some bonus track". Selbst nach vier Stunden Power-Rock hatte man noch nicht genug von Ursel Vokoun und ihren sechs Mannen. Erst nach drei Zugaben winkte man schweißgebadet dem Chicken-Motel-Schweif am Horizont hinterher. Mit sanfteren Tönen eingeleitet hatte den Parforce-Trip durch die Sphären des Rockuniversums der 60er und 70er Jahre die Vorband "Every Monday".
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